Die Idealkombi: Digital unterwegs aber persönlich ansprechbar

Digitalisierung ist ja toll – auch im Golf. Die Startzeit am Handy gebucht, das Handicap in der App kontrolliert, die Scorekarte ebenfalls schnell auf dem Smartphone ausgefüllt. Dazu kommt die Information auf Social Media: Die Speisekarte der Clubhaus-Gastronomie auf Instagram, das Foto von der umgebauten Damengarderobe auf Facebook und der Newsletter ab und an im E-Mail Postfach. Eine Vielfalt an bunten Fotos und schnellen Klicks. Die deutsche Golfszene, sagt Marc Spangenberger, Geschäftsführer von PC Caddie, hat mit der Corona-Krise noch einmal einen Digitalisierungsschub erfahren. „Die Entwicklung ist enorm, ein Drittel bis die Hälfte der Clubs wird das System der nun eingeführten Startzeiten“ seiner Einschätzung nach beibehalten.

„Wir kümmern uns selbst um den Kunden, nicht das System“

Und doch bleibt die Frage: Ist das alles?  Ein Anruf im Golf Club Gut Lärchenhof bei Joseph Spyth, Geschäftsführer. Einer, der den Golfmarkt seit langem kennt, PGA Turniere auf seiner Anlage hatte, sich seit Jahren mit den Bedürfnissen der Golfer im obersten Marktsegment beschäftigt.
Digitalisierung heißt für ihn im Golf vor allem funktionierende Prozesse. Die Startzeitenvergabe muss laufen, der Pro muss 24 Stunden online buchbar sein, Schwung-Analyse mit Trackman-Anlangen ist selbstverständlich. „Je jünger die Mitglieder sind, desto mehr erwarten sie das. Für sie bedeutet das Qualität.“ Trotzdem reicht es nicht: „Wir fahren da zweigleisig“, sagt Spyth. Wenn die Hauptzeit der Startzeitenvergabe am Tag ansteht, „stocken wir das Personal bewusst für zwei bis drei Stunden auf drei Personen am Telefon auf, damit man als Mitglied nicht in der Warteschleife hängt.“
Persönliche Kommunikation und Ansprechbarkeit bedeuten Qualität, für die das Mitglied hier auch bereit ist zu zahlen. 2900 Euro kostet die Mitgliedschaft in dem Club in der Nähe von Köln, dazu eine Eintrittsgebühr von knapp über 20.000 Euro. Die Zielgruppe dafür ist vorhanden, der Club ist solide. Der Markt hat sich eben gewandelt: „Vor zehn bis 15 Jahren war das anders, da waren alle ein bisschen exklusiv“, sagt Spyth. Inzwischen driften die Segmente auseinander. Massenbetrieb mit mehr Mitgliedern und günstigeren Preisen auf der einen Seite, hohe Qualität mit höheren Preisen auf der anderen.
Qualität heißt in dem Fall viel mehr als reibungslose digitale Abläufe: Unterhaltung, Individualisierung, ständige Interaktion sind die Zauberworte. „Nach dem ersten Lockdown haben wir drei Tage lang jedes Mitglied mit einer roten Rose am Eingang empfangen“, bringt der Geschäftsführer ein Beispiel. Bei der Clubmeisterschaft gibt es Live-Scoring auf einem Leaderboard – von Hand gesteckt wie beim US Masters, eine Players Party und Marshalls für das 54-Löcher-Turnier.  „Wir kümmern uns selbst um den Kunden, nicht das System“, ist die Losung.

Der GC Gut Lärchenhof gehört zu den wenigen deutschen Spitzenanlagen mit erstklassigem Golfplatz (Foto: GC Gut Lärchenhof)

„Wir haben sieben Tage die Woche von acht bis 20 Uhr geöffnet“
Für seinen Kollegen Stefan Kirstein im Mainzer Golfclub macht es ebenfalls die Kombination: „Für mich heißt Digitalisierung, die Prozesse zu optimieren und dann zu sehen, wo die Ressourcen an anderer Stelle genutzt werden können.“ Ohne persönliche Ansprache, so die Erfahrung des Geschäftsführers der Betreiberanlage, die auf Jahresmitgliedschaften zu einem Preis von 1950 Euro basiert, geht es auch hier nicht. „Wir haben sieben Tage die Woche von acht bis 20 Uhr geöffnet“, stellt er fest. Das ist personalintensiv, weil gerade während der Corona-Krise ganz viele Golfer nach der Runde am Counter hängen bleiben und einfach reden wollen. Die Sekretärin ist da kaum durch den Anrufbeantworter zu ersetzen und auch beim Ausfüllen der Scorekarte wäre E-Scoring für viele Golfer derzeit noch keine Alternative.

Neue Prozesse mit Erklärungsbedarf
Letzteres ist ohnehin ein weiteres Beispiel der Digitalisierung, mit dem sich die Clubs in diesem Jahr auseinandersetzen müssen. Wie man sämtlichen Mitgliedern beibringt, dass sie ihre Scorekarte am besten nur noch digital ausfüllen sollen, ihr Handicap nicht mehr beim Club geführt wird  und ab sofort jedes Einzelturnier vorgabewirksam ist, weil dies vom DGV so vorgesehen ist,  dürfte zweifellos eine Herausforderung für das Clubsekretariat werden.

Ein weiterer Fall für viel Kommunikation, der nicht mit ein paar Posts auf Instagram oder Facebook erledigt sein wird.  Das persönliche Gespräch bleibt eben wichtig. Und der eine oder andere Golfer ist offenbar auch bereit, dafür mehr Beitrag zu zahlen.

Der Mainzer Golf Club ist eine gute funktionierende Betreiberanlage, die mit Jahresmitgliedschaften arbeitet (Foto: Matthias Gruber)