Damengolf muss neu gedacht werden
Dieser Tage flatterte mir eine Excel-Datei auf den Tisch: Die Verteilung männlicher und weiblicher Golfer in Deutschland. Ich fand sie erschreckend.
Die Ausgangslage: Laut DGV-Statistik gab es 2019 233.472 weibliche Golfer in Deutschland. 2000 waren es 149.267. Der Knackpunkt dabei: 2000 bedeutete dies einen Anteil von 40,3 % an der Gesamtanzahl der Golfer, 2019 war er auf 36,3 Prozent gesunken. Und: Der Prozentsatz nimmt seit 2000 jährlich ab, sieht man von einer einjährigen Stagnation im Jahr 2007 ab. Tatsache also ist: Der organisierte Golfsport in Deutschland verliert offenbar konstant an Attraktivität für Frauen – und das obwohl sich ja gerade Deutschland seit Jahren seiner hohen Beteiligungsraten bei Frauen rühmt.
Wer darüber nachdenkt, woran es liegen könnte, wird ziemlich viele Anknüpfungspunkte finden, über die ich als weibliches Mitglied mit zwei Töchtern, Job und besser golfendem Ehemann problemlos ein Buch schreiben könnte. Aber weil dies ja eine persönliche Kolumne ist, konzentriere ich mich heute mal einfach auf den Damentag – sozusagen die Kernzelle des Damengolfsports in einem Club.
Ich war in 25 Jahren viermal beim Damengolf. Mit der Kernzelle des Damengolfs in einem Club ist das nämlich so eine Sache: Ich fand sie nicht so toll. Warum?
Zum Damengolf traf man sich zumindest in den vier Clubs, in denen ich bis dato Mitglied war, am frühen Nachmittag. Aber: Am Mittag und Nachmittag kommen Kinder aus Kindergarten, Kita und Schule, Termine und Hausaufgaben stehen an. Wer Damengolf für Frauen mit Nachwuchs attraktiv machen will, sollte zumindest jede zweite Woche aus dem Damennachmittag einen Damenvormittag machen und im Idealfall auch nur ein 9-Löcher-Turnier anbieten. Dann nämlich bekommt man das Golf samt Kindern und Job auch noch irgendwie geregelt.
Wer konstant den Nachmittag offeriert, spricht die Alleinstehenden und Seniorinnen an – die haben das Kinderthema ja hinter sich. Womit wir beim nächsten Problem wären: Meistens wirkt der Damengolftag alt, ziemlich alt sogar.
Und manchmal auch noch ganz schön kompliziert: Windstill muss es sein, warm aber nicht zu heiß, kein Regentropfen in Sicht – dann geht vielleicht ein vorgabewirksames Turnier. Bitte nicht zu sportlich lautet die Losung allerorten – Misserfolge sind tödlich für die Stimmung. Irgendwie hatten die Herren das immer viel besser im Griff.
Damengolf neu gedacht wäre eine großartige Sache – aber auch da wird es heikel. Welches Präsidium, welcher Clubmanager legt sich schon gerne mit dem Damen-Captain an? Ein ganz heißes Eisen, eine wirklich heikle Angelegenheit – emotional beladen, schwierig und doch so wichtig.
Denn eines ist klar: Nimmt die Negativ-Tendenz zu, sind auch wir irgendwann bei Zuständen wie auf den britischen Inseln und den USA, wo Golf vorrangig als Männersport verstanden wird. Dort macht man sich seit Jahren Gedanken, wie man die Frauen auf den Golfplatz bekommt – vielleicht sollten wir in Deutschland frühzeitig gegensteuern.