Augusta National GC: Progressiv statt konservativ
Um ehrlich zu sein: Die Mitgliedschaft des Augusta National Golf Club wirkt auf den ersten Blick nicht wirklich progressiv. Wer sich alljährlich beim Masters die Herren im Grünen Jackett genauer ansieht, stößt auf eine Menge weißer, älterer Männer, die perfekt zum Image des abgehobenen Eliteclubs zu passen scheinen. Condoleezza Rice, eines von zwei weiblichen Mitgliedern (Bild unten), setzt das Club-Komitee gerne öffentlichkeitswirksam zur Begrüßung von wichtigen Gästen oder Fans ein. Ron Townsend, der 1991 das erste farbige Mitglied des Clubs wurde, ist nach wie vor ein Exot in diesem Südstaaten-Club. An dieser Zusammensetzung des Augusta National Golf Clubs wird sich wohl auch langfristig wenig ändern. Das kann man kritisieren – oder einfach akzeptieren, dass die Mitgliedschaft eben exakt diese Art von Club sucht und schätzt.
Der Club Augusta National ist die eine Seite, das Masters Tournament eine komplett andere. In den vergangenen zehn Jahren hat man diese kommerzielle Tochter des Clubs genützt, um eines der progressivsten Golf-Förderprogramme der USA auf die Beine zu stellen.
2013 gründete man zusammen mit der USGA und der PGA of America die Initiative Drive, Chip and Putt als kostenloses, nationales Turnier für Kinder und Jugendliche von sieben bis 15 Jahre. 388 Ausscheidungsturniere, jedes in vier Altersklassen sowohl für Mädchen wie für Jungen wurden 2019 gespielt. Zehntausende Kinder nehmen jährlich teil. Die besten 80 spielen am Sonntag vor dem Beginn des Masters ihre Sieger auf dem Platz von Augusta National aus. Das Projekt hat Jugendgolf in den USA wieder zum Thema gemacht.
2019 fand erstmals am Samstag vor dem Beginn der Masters-Woche die Finalrunde des Turniers „Augusta National Women’s Amateur“ statt, das Frauengolf fördern und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen soll. Nie zuvor wurde ein Amateurturnier für Frauen derartig breit im Fernsehen übertragen. Jennifer Kupcho (Bild unten) und Maria Fassi, sie belegten die Plätze eins und zwei, schafften es sogar in die „Today“ und „The Tonight Show“ von Jimmy Fallon, die erfolgreichsten Shows der Welt.
2019 setzte das Masters neue Maßstäbe was die Digitalisierung von Sportevents betrifft. Wer heute als Sportveranstalter darüber klagt, er bekäme keine Fernsehzeiten, sollte sich die Umsetzung beim Masters als Ideengeber nehmen (eine gleichartige Umsetzung scheitert schon an den finanziellen Möglichkeiten jeder anderen Sportveranstaltung). Die professionelle journalistische Darstellung des Events auf digitalen Kanälen und Social Media, die für diese Woche noch einmal ausgeweitet wurde, sorgt dafür, dass man das Turnier nahezu rundum auch ohne Pay-TV verfolgen kann.
Am vergangenen Montag verkündete Chairman Fred Ridley, die Einrichtung zweier Golf-Stipendien am Paine-College in Augusta, das weitgehend von Farbigen besucht wird. Außerdem baut man ein Golfprogramm für Studentinnen auf, das bisher nicht existierte.
Fazit: Im Augusta National Golf Club hat man längst die Zeichen der Zeit erkannt – nachhaltige Förderung des Golfsports ist eine wesentliche Konsequenz der Einnahmen aus dem Masters Tournament. Positive Nachrichten, die dazu beitragen, dass sich die noch vor zehn Jahren heftige Kritik am Augusta National Golf Club zu einem leisen Murmeln über die skurrile Herrengesellschaft mit kleiner Damenbeteiligung gewandelt hat.
Fotos: Courtesy Augusta National Golf Club