Berufsbild Golfprofi – der Glamour ist dahin

Er hat schnell die Koffer gepackt, seine Planungen geändert, ist Richtung USA geflogen: Martin Kaymer tritt ab Donnerstag bei der Barracuda Championship auf der PGA Tour an. Der Tahoe Mountain Club in Kalifornien wirkt auf den ersten Blick erst einmal idyllisch. Viel Wald und Grünes, scheinbar weit weg vom Corona-Chaos, das derzeit in den USA tobt. Trotzdem wäre Kaymer wahrscheinlich lieber nach Memphis/Tennessee gereist, wo ebenfalls ab morgen das WGC FedEx St. Jude Invitational steigt. Für das Turnier der World Golf Series war er als Nummer 124 der Weltrangliste nicht qualifiziert.

Zehn Millionen Dollar in Memphis – und ein Zehntel davon auf der European Tour
Schade, denn in Memphis werden an diesem Wochenende 10,5 Millionen Dollar Preisgeld ausgespielt, während es in Kalifornien bei der Barracuda Championship 3,5 Millionen Dollar sind. Ein deutlich kleineres Budget, nachdem sich die anderen deutschen Kollegen allerdings dieser Tage sehnen. Bei der Hero Open in England liegt der Preisgeldtopf diese Woche nur bei einer Million Euro.
Covid-19 hat aus dem Glamour-Beruf Golfprofi einen Job gemacht, in dem es keineswegs einfach ist, seine Brötchen zu verdienen. Die alten Geschichten von Jungprofis, die in klapprigen Autos durch Europa tourten, um in kleinen B&Bs oder gar dem Zelt zu übernachten, waren in den letzten zehn Jahren nicht mehr wirklich en vogue. Stattdessen avancierte der Berufswunsch Golfprofi auch in Deutschland unter den besseren Amateuren zum neuen Erfolgsmodell. Namenhafte Sponsoren für Challenge Tour-Spieler, eine umfassende Turnierbetreuung vieler Berufseinsteiger durch den DGV, dazu willige Privatleute, die Spielern finanziell unter den Arme griffen, wenn sie sich ordentlich verkauften – kein Wunder, dass es in Deutschland reichlich Jungprofis und -Proetten gab, auch wenn sie im Amateurlager nicht für Furore gesorgt hatten.

Sponsorengelder nur noch für das Spitzensegment
Der Beruf ist nicht krisensicher – das steht jetzt fest. Im Gegenteil: In Krisenzeiten fließt das Geld nur noch in den Spitzenbereich – die Teilnehmer des WGC-Turniers in Memphis nagen nicht am Hungertuch, und auch Spieler wie Martin Kaymer, die relativ problemlos auf der PGA Tour einsteigen können, sind finanziell abgesichert.
In Europa aber wird es eng. Jetzt sortiert sich die Spreu vom Weizen, nur die Winner-Typen können punkten. Hut ab vor Marcel Schneider, der bei der Austrian Open nahe Wien am 12. Juli knapp 50.000 Euro verdiente, weil er nach der langen Spielpause Zweiter wurde. Oder vor Alexander Knappe, der eine Woche später bei der Euram Bank Open ebenfalls in Österreich auf Platz 3 landete, für den es allerdings nur noch 23.408 Euro gab.  Vergangene Woche beim Betford British Masters in England war bei einem deutlich stärkeren Feld ohnehin nur noch Maximilian Kieffer am Start und der verpasste den Cut. Bei der Hero Open diese Woche ergatterte neben Kieffer nur noch Max Schmitt einen Startplatz. Auf der Challenge Tour steht bis September überhaupt kein Turnier mehr an.
Der Arbeitsplatz European Tour ist kein bisschen glamourös mehr, das Geld wird knapp. Von Spielern und Managern ist zu hören, dass bei Herstellern inzwischen selbst bei Ausrüstungsgegenständen der Sparzwang eingekehrt ist. Die Geschichten aus den alten Zeiten mit den Zelten und klapprigen Autos sind plötzlich wieder modern. Das Golfprofi-Dasein zu Zeiten eines Bernhard Langer begann auf die harte Tour – und die richtig Guten blieben am Ende übrig.