Vorgabe-Klasse 1 darf auch Privatrunden handicapwirksam spielen
Dammbruch ist ein gerne benütztes Wort in diesen Tagen: Einen kleinen Dammbruch kann man die Änderung in der Vorgabenklasse 1 nennen, die zum 1. Januar 2021 in Deutschland wirksam wird. Ab dann sind auch für Spieler bis Handicap -4,4 Privatrunden (früher EDS-Runden) möglich.
Und der zweite kleine Dammbruch: Auch die Spieler der Vorgabenklasse 1 können in Zukunft neun Löcher vorgabewirksam spielen, nicht wie bisher nur 18.
Was das bedeutet? Ganz einfach: Die Änderungen des World Handicap Systems, die eigentlich vor allem in der Vorgabenklasse 1 eine deutliche Verschlechterung der Vorgaben vermuten ließen, lassen sich auf diese Weise von Mitgolfern, die sich nur sehr ungern von ihren niedrigen Handicaps trennen, leicht zurecht rücken.
Denn um ehrlich sein: Wer glaubt schon daran, dass bei einer Privatrunde grundsätzlich alles exakt gezählt, kein Putt geschenkt oder nicht mal ein Schlag vergessen wird. Sicherlich nicht bei allen Spielern, aber – und das ist doch der Knackpunkt – wer will das schon kontrollieren?
Ein Grund zur Aufregung ist das eigentlich nicht mehr: Schließlich gliedern wir uns damit nur nahtlos ins amerikanische System ein, wo man ja ohnehin seit Jahrzehnten geschönte Privatrunden jeder Art posten und damit zählen lassen kann. Nur über eines sollte man sich im Klaren sein: Das Handicap wird nun auch in der Vorgabenklasse 1 in Deutschland eher eine ungefähre Größe denn eine realistische Zahl – mehr oder minder frei bestimmbar durch den Spieler. Eine Ausnahme bilden ambitionierte Spitzenamateure, die ihr Handicap sowieso jede Woche auf den Prüfstand stellen müssen.
Der Witz bei der Sache: Während sich der Deutsche in der Regel große Sorgen darüber macht, dass sein Handicap schlechter werden könnte, kann man auf US-Websites seit Wochen Ratschläge lesen, wie es gelingt, sein Handicap möglichst schnell in die Höhe zu treiben, falls es durch das neue World Handicap System, das dort seit 1. Januar läuft, zu niedrig geworden ist. Dieser Effekt ist in den USA, wo meistens gezockt wird, ziemlich unerwünscht.
Ein paar Bier vor der Runde, jeden Putt ausputten, nach den Regeln spielen oder aufs Aufwärmen zu verzichten, sind nur ein paar der Anregungen für Menschen, die dringend einen schlechten Score für ihre Statistik brauchen. Auf deutsche Verhältnisse, wo das niedrige Handicap en vogue ist, liessen sich ein paar Punkte für die nächste Privat/EDS-Runde leicht umdrehen:
• Kurze Putts schenken
• Die Regeln nicht zu ernst nehmen
• Unbedingt vorher aufwärmen
• Kein Alkohol auf der Runde
• Keine Trainerstunde in der Woche davor