Das Sparen von Ressourcen wird zum großen Thema

Es war wie immer ein rauschendes Fest: Die Waste Management Phoenix Open mit mehr als 500.000 Zuschauern Anfang Februar war der Treffpunkt der Golfverrückten, Partygänger, Biertrinker – und das nachhaltigste Golfturnier der Welt. Zumindest nach Aussagen des  Hauptsponsors Waste Management, eine Abfallverwertungsfirma, die jedes Jahr einen Sustainibility Report erstellt. Recycling von Wasserflaschen, Weitergabe von nicht-verwendeten Essen an Bedürftige, Ausgleichzahlungen für den Co2-Fußabdruck – diese Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit bei Großveranstaltungen spielen auch im Golfsport eine Rolle.

Kein Wunder. Schließlich scheint dieser Sport wie gemacht für das Thema „Sustainibility“. Golf ist ein Spiel in der Natur, geprägt von Faktoren wie Wetter oder Grasbeschaffenheit; entstanden in einer Zeit „in der es wenig Ressourcen gab, mit denen man auskommen musste“, wie Steve Isaac, Direktor für Golfplatz Management bei der obersten Golfbehörde R&A im schottischen St. Andrews es formuliert. Der Old Course von St. Andrews, der in seiner heutigen Form um 1860 entstand, liegt ein paar Meter von seinem Büro entfernt und zeigt für den Schotten perfekt, wie nachhaltig Golf sein kann. „Als Old Tom Morris den Platz anlegte, gab es keine Dünger, keine Spritzmittel und keine elektrischen Mäher.“

Das ist ein paar Jahrhunderte her und die Welt im Golf veränderte sich: Als der Golfboom in den 80er und 90er Jahren im deutschsprachigen Raum seinen Höhepunkt erlebte, waren große Clubhäuser angesagt, der Bau von Plätzen in sensiblen landschaftlichen Bereichen oftmals kein Problem und der Wasserverbrauch kein Thema.

Jetzt kommt die Rückwärtsrolle – das Sparen von Ressourcen wird von Politik und Sponsoren verlangt und durch den Klimawandel zum Thema: „Bei der Open haben wir seit 2015 den Zero-Waste-Status erreicht“, resümiert Steve Isaac. Strohhalme sind bei Europas größtem Golfturnier, der British Open, tabu. 120.000 Plastikflaschen wurden 2019 eingespart, Zuschauer per Bahn transportiert, Hybrid- oder -Busse benützt. „Unser größtes Problem ist noch die Energie, da würden wir gerne auf wiederverwertbare Quellen umsteigen“, stellt Isaac fest.

Und in Deutschland? Bei der Porsche European Open in Hamburg setzt man ebenso wie bei der BMW International Open in München verstärkt auf den Einsatz von Hybrid- oder E-Fahrzeugen oder Pendelbussen. „Natürlich versuchen wir die Aufbauten mehrfach zu verwenden und möglichst ressourcensparend zu arbeiten“, stellt man bei Porsche fest, während BMW auch auf nachhaltiges Catering verweist. Auf beiden Seiten gesteht man zu, dass man noch am Anfang steht, zumal es in Europa außer der British Open keinen Veranstalter gibt, der als Vorbild dient.

„Das Thema Nachhaltigkeit bei Golfturnieren steckt sicherlich noch in den Kinderschuhen“, erklärt Bernd Ritthammer, seit Jahren als deutscher Profi in Europa unterwegs. Seit letztem Jahr gibt es allerdings immer häufiger Turniere, bei denen Wasserstationen auf dem Platz sind und man eine wiederbefüllbare Flasche dabei hat.“ Von sich selbst sagt er: „Der Beruf Golfprofi ist, um ehrlich zu sein, kaum mit Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen.“ Meist sei die Anreise ohne Flug nicht machbar.

Fakten zum ökologischen Fußabdruck eines europäischen Golfturniers muss man lange suchen: 2012 wurde er für Lyoness Open in Österreich mit 332.780.134 m2 ermittelt. Wer sieben Jahre später bei der European Tour nach aktuellen Daten fragt, bekommt keine Antwort.

Und auch im deutschen Golf gilt: Leuchtturmprojekte und hohes Engagement einerseits stehen Stagnation andererseits gegenüber. „Auf Nachhaltigkeit zu verzichten, ist ein Luxus, den sich keine Golfanlage leisten kann“, predigte Horst Schubert als Geschäftsführer der Anlage Golf & Country Club Seddiner See nahe Berlin schon 2012. Dort hat man zum Beispiel jede Glühlampe optimiert und betreibt ein umfassendes Wassermonitoring; Der Club wurde als Projekt der UN Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet.
Wasser wird dabei im Golfsport angesichts von extrem trockenen Sommern zum Problem. Dabei gilt für Golfplätze wie für alle anderen Sportanlagen: Wer an der öffentlichen Wasserversorgung hängt, muss bei Dürre auf Wasser verzichten. Im Golf und Landclub Kronberg hat man damit 2019 Erfahrung gesammelt: Um einen Wassernotstand im Stadtgebiet zu vermeiden, wurde die Wasserzuweisung von 400 m³ auf 60 m³ pro Tag rationiert. Die Spielbahnen wurden braun, jeder Wassertropfen gespart. Golf funktionierte auch so.
Dass sich die Umstände für die Pflege eines Golfplatzes wandeln, erkennen aber nicht alle Betreiber: Das Programm „Golf & Natur“, mit dem der Deutsche Golf Verband seit 2005 versucht für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland zu sorgen, wächst nur noch schleppend. Nur zwölf Prozent aller Anlagen haben den höchsten Zertifizierungsstatus Gold, nicht mal ein Viertel aller Anlagen nimmt überhaupt teil.
„Nachhaltiges Arbeiten muss man sich leisten wollen und können“, bemerkt Andreas Dorsch als Geschäftsführer des Golf Management Verbandes Deutschland dazu. „Viele Golfclubs sind glücklich, wenn sie durch ihren Spielbetrieb eine schwarze Null am Ende des Jahres erwirtschaften.“ Andererseits spielen die rund 730 Golfanlagen in Deutschland eine zunehmend wichtige Rolle als Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen.
Der Bayerische Golfverband nimmt deshalb mit seinen rund 200 Golfanlagen, die zirka 70 Hektar Fläche ausmachen, an der Aktion „Blühpakt Bayern“ des Umweltministeriums teil und kooperiert seit 2018 mit der Wildtierstiftung, um einen Lebensraum für Wildbienen zu schaffen. Der Deutsche und der Baden-Württembergische Golfverband sind seit 2019 mit dem dortigen Umweltministerium im Projekt „Golf fördert Biodiversität“ vereint.
Und der Golfer selbst? Der will nach der Erfahrung von Club-Geschäftsführer Horst Schubert zwar gerne „sicher sein, dass auf seiner Heimatanlage in Sachen Nachhaltigkeit alles passt“, verhält sich ansonsten aber nicht anders als der deutsche Durchschnittsbürger: „Nein, Veränderungen beim Flugverhalten haben wir nicht festgestellt“, erklärt Ergül Altinova vom Golfreiseveranstalter golf.extra.
Damit zieht der Otto-Normalgolfer mit dem Profi gleich. Der jettet Woche für Woche durch die Weltgeschichte, unter 100.000 Meilen pro Jahr ist kaum etwas zu machen. Dustin Johnson, Ex-Weltranglistenerster und Nachbar von Tiger Woods in Florida, war zu Beginn des Jahres schon beim Sentry Tournament of Champions auf Hawaii und danach beim Saudi International in Saudi Arabien. Flugmeilen gesamt zirka 24.000 Meilen. Übrigens stellte der Turnierveranstalter Golf Saudi zum Auftakt der Turnierwoche sein neues Nachhaltigkeits-Programm vor. Der Carbon-Footprint der teuer eingekauften Spieler aus aller Welt war dabei kein Thema. In Phoenix bei der Waste Management Open haben sie diesen Faktor schon bedacht: Dort werden die Flugreisen der Spieler über Co2-Ausgleichszertifikate egalisiert. In Saudi Arabien zahlt man stattdessen höhere Antrittsgelder.

Dieser Artikel erschien in der Welt am Sonntag am 15.2.2020