US Masters: Winter-Wonderland statt Frühlingsfest

Heute wäre einer dieser Sommerkleidchen-Tage gewesen. Ein aufgeregtes Hello vor dem weißen Clubhaus, ein kleines Sandwich auf dem abgeriegelten Restaurant-Gelände vor der Outdoor-Bar. Shakehands hier, Küsschen dort – am Mittwoch der Masters-Woche ist Schaulaufen für Amerikas Whos‘s Who der Golfszene. Das Masters in Augusta ist immer das erste der Major-Turniere gewesen – ein Trendsetter, in vielerlei Hinsicht.
Jetzt wird aus dem Ersten das Letzte – der Abschluss der Majorsaison, das Masters Mitte November. Aber wir sollten uns nicht täuschen lassen – an der Rolle als Trendsetter wird sich für den Augusta National Golf Club nichts ändern. So angestaubt, so traditionell, so konservativ das Turnier oft anmuten mag – in vielerlei Hinsicht war es immer die progressivste Golf-Veranstaltung der Welt.
„Augusta National ist der einzige Platz auf der ganzen Welt, der nicht nur stets mit der Entwicklung einer Zeit mitgehalten hat, sondern ihr stets voraus war“, sagte Gene Sarazen schon vor Jahrzehnten. Es war das erste Turnier über 72 Löcher, das erste mit elektronischem Scoreboard, Fairwayabsperrung, Sicherheitsdienst, Erhitzungssystemen unter dem Grün, Wlan im Presseraum. Das US Masters ist eine hochtechnisierte Maschinerie dekoriert mit einer dicken Schicht Historie und Tradition. Die Kombination verzaubert.
Die Frage, wie man diese verklärende Mischung aus Frühling, blühenden Azaleen und Startgefühl in einen ebenso bezaubernden Herbstmix verwandelt, ist spannend. Der Kurs wird sich länger und weicher spielen im November, die Temperatur etwa fünf Grad niedriger sein – vielleicht so wie 2007, als Zach Johnson bei ungewohnter Kälte am Ende das Turnier mit einem Score von eins über Par gewann. Am Teilnehmerfeld mit den 92 Profis wird sich nichts ändern, an den Abschlagszeiten wird man ein wenig drehen müssen, um abends die Runden noch im Hellen zu beenden. Die Spieler werden sich beim Chippen und Pitchen ein wenig umstellen müssen, weil sich die Grasmischung im Herbst anders spielen wird als im Frühjahr….
Die Landschaftsgärtner werden zur Hochform auflaufen. Das Masters im April, das ist eine Wucht der Farben, das Pink der 30 verschiedenen Azaleen-Arten, gemischt mit dem tiefen Grün des Grases. 80.000 Pflanzen aus insgesamt 350 Arten stehen auf dem Gelände – Augusta National wird also auch Mitte November nicht auf Farben verzichten. Die Kamelien blühen im Herbst, der Ahorn verfärbt sich – mal sehen, wieviel tausende Pflanzen man für die Turnierwoche extra anliefern lässt.
Wer weiß – vielleicht gibt es erstmalig Glühwein oder heiße Waffeln statt Pimento Cheese Sandwich? Im Shop werden sie ein wenig umrüsten und Mützen statt Kappen verkaufen. Den Schafwoll-Fußsack mit Masters-Logo vielleicht oder die Daunenjacke in Augusta-Grün? Fest steht – es werden einmalige Mitbringsel aus Augusta, die es noch nie gab und – hoffentlich – so schnell nicht wieder geben wird. An den Schlangen vor dem Shop wird sich ebenso wenig ändern wie am Treffpunkt der alten Eiche vor dem Clubhaus. Das Who‘s Who der Golfszene wird sich wieder treffen und gespannt sein auf die Inszenierung, die Augusta National diesmal liefert.
Sie wird perfekt sein, daran besteht kein Zweifel. Ein Winter-Wonderland für Golfer statt einem Frühlingsfest. Alles in Augusta-Grün. Das Kribbeln der Vorfreude hat schon begonnen.