European Tour: Das Ende des Höhenrausches

Die Zeit des Luxus ist vorbei – die Zeit der feindlichen Übernahmen ist gekommen. Bei der PGA European Tour geht es ums Überleben, das zumindest ist die Botschaft, die zwei Schreiben des Geschäftsführers Keith Pelley klar machen, die die britische Zeitung Telegraph in einem Artikel zitiert. „Die Realität ist, dass die Pandemie einen wesentlichen finanziellen Einfluss auf die Tour und ihre Partner haben wird, das betrifft Sponsoring und den Bereich der TV-Übertragungen.“
Wer Keith Pelley kennt, weiß, dass er ein Freund der klaren Worte ist. Das britische Understatement liegt dem Kanadier nicht, als er zur European Tour wechselte, wollte er aus dem schwächelnden kleinen Freund der US PGA Tour eine Macht machen. Er ließ die Rolex-Events mit sieben Millionen Dollar Preisgeld Realität werden, schloss neue Media-Deals ab.
Jetzt ist der Aufwärtstrend gestoppt, die Gehälter der Angestellten in Wentworth sind gekappt worden, den Profis weht ein heftiger Wind ins Gesicht. Anders als auf der US PGA Tour, wo der Tour-Geschäftsführer Jay Monahan den Spielern am Wochenende zum Teil Ausgleichszahlungen anbot, wird dies auf der European Tour nicht der Fall sein. „Wir sind einfach nicht in der Position, dies zu tun.“ Dabei ist sich Pelley wohl der Tatsache bewusst, dass die PGA Tour im Hintergrund nur darauf wartet, über eine finanzielle Beteiligung in Europas Golfszene an Macht zu gewinnen, so wie es die LPGA Tour der Damen gerade erst mit der Ladies European Tour durchgezogen hat.
Wie also geht es weiter? Die Szenarien, die Pelley malt, sind gewöhnungsbedürftig aber offenbar Realität, schon deshalb weil man die Verträge mit Sky Sports und anderen Fernsehanstalten erfüllen muss: „Angenommen, wir bekommen von den Regierungen und Gesundheitsbehörden die Erlaubnis, ab der ersten Septemberwoche zu spielen“, schreibt er in einem Memo vom Montag. „Dann haben wir 16 Wochen bis Weihnachten, um so viele Turniere wie möglich zu spielen.“ Das Szenario: „Wir sehen uns die Option an (a) mehrere Turniere an einem Standort zu spielen; (b) zwei Turniere in einer oder drei in zwei Wochen zu spielen, oder (c) drei oder vier Turniere in England mit einer 14-tägigen Quarantäne davor, um Spielern, die nicht aus England sind, die Möglichkeit zu geben hierhin zu kommen und sich vorher selbst zu isolieren, falls diese Regel noch in Kraft ist.“ Pelley, der klar macht, dass die Rolex-Serie und die Turniere in England auf Grund der Verträge mit den Fernsehanstalten Vorrang haben, würde auch ohne Zuschauer spielen lassen.
Die Aussichten sind langfristig düster: „Seid vorbereitet, dass der Terminkalender für 2021 wesentlich anders aussehen wird als der von 2019 oder 2018,“ erklärt er. Die Zeit des Euroregens für Golfprofis, die selbst dann, wenn sie gerade einmal die Top 100 der Rangliste schafften, um die 350.000 Euro verdienten, ist dahin. Die Top-Namen der Szene wird das nicht weiter betreffen: Ihre Startgelder werden die Sponsoren weiter bezahlen, für einen Jon Rahm oder Rory McIlroy ist Geld längst kein Thema mehr. In der zweiten und dritten Reihe aber wird sich das Feld lichten. Die Entscheidung, nach einer nicht überragenden Amateurkarriere ins Profilager zu wechseln, wird sich in Europa auch so mancher Deutscher weit schwerer machen müssen. Einfach war der Weg auf die European Tour nie – jetzt aber wird er auch noch deutlich teurer.