Lehrstunde in der Finalrunde der South African Women’s Open
Es hat nicht gereicht. Den ersten Sieg zum Greifen nah, erlebte Olivia Cowan am Samstag in der Finalrunde der Investec South African Women’s Open, ein Phänomen, das Sport-Psychologen mit „Choking“ bezeichnen. Gemeint ist die ungute Kombination aus dem Versuch, sportliche Leistung zu bringen und plötzlicher Angst. Bei der 23jährigen Deutschen, die als Führende in die Finalrunde gestartet war, führte dies zu einer 77er Runde am Sonntag, die sie mit einem Gesamtergebnis von zwei unter Par zurückwarf auf den geteilten siebten Rang.
„Das ist das erste Mal, dass ich in der Position bin, dass ich mit zwei Schlägen Vorsprung in die letzte Runde starte. Ich freue mich auf morgen und sehe, was passiert,“ hatte Cowan am Freitag nach einer glänzenden 68er Runde gesagt. Der Druck, den ersten Sieg aus der Position der Führenden zu holen, hat sie dann wohl doch überrascht. Es mag sie kaum trösten, aber das Phänomen ist im Golf ja allgegenwärtig. Greg Norman und Rory McIlroy sind die zwei wohl prominentesten Beispiel der Szene, die mit ihren gescheiterten Versuchen, ihren ersten Masters-Sieg aus einer scheinbar sicheren Führungsrolle zu holen, scheiterten.
Eigentlich nämlich ist Olivia Cowan, die bereits 2019 auf der Ladies European Tour mit einer guten Performance und am Ende einer Top Ten-Platzierung in der Geldrangliste brillierte, längst reif für den ersten Sieg. Nationaltrainerin Nicole Gögele jedenfalls hatte noch am Samstag morgen auf einen Erfolg der 23jährigen gesetzt. „Sie ist einfach gut in Form, sie puttet sehr gut und sie hat in den ersten zwei Runden kaum Fehler gemacht. In der zweiten Runde zum Beispiel hat sie nur zweimal nicht das Fairway getroffen.“ Die erstklassige Form Cowans ist dabei nach ihrer Ansicht schon seit einiger Zeit gut erkennbar. „Wir hatten ein sehr gutes Trainingslager zu Beginn der Saison.“ Generell ist der erste Sieg für Olivia Cowan aus ihrer Sicht längst fällig, auch wenn die Ergebnisse am Anfang der Saison vielleicht nicht danach aussahen. Die Deutsche hatte bei der Australian Ladies Classic Bonville nur den 68. Rang belegt, dafür aber bei der Women’s New South Wales Open einen 15. Platz geholt.
Das Turnier in Südafrika war die letzte Chance vor einer langen Pause. Während unter den Spielerinnen die Absage des Turniers Saudi International in der kommenden Woche schon bekannt aber nicht offiziell kommuniziert war, nutzte Cowan immerhin die vorerst letzte Chance, wichtige Weltranglistenpunkte zu machen, bevor die Ladies European Tour eine sechswöchige Pause einlegt.
„Die Spielerinnen wissen alle noch nicht wirklich, was sie tun“, resümierte Gögele die Lage für die insgesamt sieben deutschen Damen, die in Südafrika vor Ort waren. „Wir haben zwar ein Trainingslager im April geplant, aber insgesamt ist das eine schwierige Lage. Allerdings war bei der LET im April ohnehin eine Pause vorgesehen.“