Sportswashing in Saudi Arabien dank Damengolf?

Der Aufruf war eindeutig, veröffentlicht in der britischen Tageszeitung The Independent am 13. Oktober. Lina al-Houthloul hatte einen Brief an die Profispielerinnen Europas formuliert: „Das Saudi Regime benützt den Sport um sich von seinen Verbrechen reinzuwaschen und ein Fenster zum Westen zu haben, während sich gleichzeitig im Land die Zustände für Frauen sogar verschlechtern. Reist nicht nach Saudi Arabien, helft diesem barbarischen Regime nicht sein Image durch Eure Erstklassigkeit reinzuwaschen. Seid mit den Aktivistinnen für die Rechte der Frauen solidarisch. Boykottiert die Turniere der Ladies European Tour in Saudi Arabien.“

Amnesty International spricht von Sportswashing-Kampagne
Der Hintergrund: Loujan al-Houthel, für den Nobelpreis nominierte Aktivistin für Menschenrechte und Linas ältere Schwester, wurde ebenso wie zahlreiche andere Frauen offenbar im Mai 2018 im Gefängnis mehrfach gefoltert, weil sie sich unter anderem für das Recht der Frauen zum Autofahren eingesetzt hatten. Es folgten bis heute weitere Gefängnisstrafen. Das führte dazu, dass auch Amnesty International ablehnend auf die Tatsache reagierte, dass Saudi Arabien ab 12. November zuerst das Saudi Ladies International für die Ladies European Tour durchführt und anschließend das Saudi Ladies Team International. Die Turniere sind insgesamt mit 1,5 Millionen Dollar Preisgeld dotiert – in einer Saison, die unter Turniermangel leidet, natürlich gerne genommen.
„Unter dem Kronprinzen hat Saudi Arabien eine massive Sportswashing Kampagne begonnen – und versucht mit Hilfe des Glamours und des Prestiges von groß angelegten Sportevents von der Bilanz seiner zahlreichen Menschenrechtsverletzungen abzulenken“, stellte Kate Allen, Direktor bei Amnesty International in Großbritannien, kürzlich gegenüber dem Guardian fest. „Wir bitten jede Golferin, die im November nach Saudi Arabien reist, ihr Profil dafür zu nützen, auf die Menschenrechtsthemen im Land hinzuweisen.“

Gemischte Reaktionen bei LET und Proetten
Bei der Ladies European Tour wies man im Gegenzug nur darauf hin, dass man immer bestrebt sei, „das Spiel in neuen Märkten zu fördern“, die Turniere in Saudi Arabien seien dazu eine großartige Gelegenheit.
Fest steht, dass unabhängig von der Tatsache, dass Frauen nun selbst Auto fahren dürfen und Frauengolf gefördert wird, in Saudi Arabien das System immer noch vor sieht, dass eine Frau bei wesentlichen Entscheidungen eine Genehmigung von einem männlichen Vertrauten, meist Ehemann oder Vater benötigt. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind verboten.
Die Spielerinnen selbst begegnen dem Thema unterschiedlich. Während die Britin Mel Reid, die kürzlich die ShopRite LPGA Classic auf der LPGA Tour gewann, bemerkte, sie trete nicht an, weil es „moralisch nicht korrekt“ sei, hat sich Amy Boulden, kürzlich Siegerin bei der Swiss Ladies Open, als Botschafterin von Golf Saudi verpflichten lassen und unterstützt die Turniere.  Laura Davies, die Grande Dame der Szene, startet ebenfalls bei dem Turnier, obwohl sie bemerkte: „Ich bevorzuge es, dass sie erst einmal Änderungen einführen, anstatt uns für ihre Zwecke zu nützen.
Wer die aktuelle Startliste des Turniers betrachtet, stellt fest, dass sich offenbar nur wenige europäische Tourproetten das Nachdenken über das Thema Sportswashing leisten können und wollen: Mit Georgia Hall, Carlota Ciganda, Charley Hull, Anna Nordqvist  und Esther Henseleit haben diverse Major- und Turniersiegerinnen gemeldet. Das Thema Menschen- und Frauenrechte wird sie die nächsten drei Wochen begleiten.