Authentischer Kumpeltyp mit Talent fürs Business
Es gibt diese Geschichte vom kleinen, wildgelockten Rory McIlroy, der eines Tages in der Grundschule St. Patrick’s Primary School im nordirischen Holywood nicht wirklich bei der Sache wirkte und darauf von seiner Lehrerin Miss McCullough angesprochen wurde. Die Antwort des Schülers, der bekanntlich schon als Dreijähriger ziemlich gekonnt Golfbälle passgenau in die Waschmaschine seiner Mutter schlug: „Keine Angst Miss McCullough, ich werde schon zurechtkommen.“ Jahre später, McIlroy kam inzwischen tatsächlich finanziell gut zurecht und war außerdem ein Superstar des Golfsports, traf er seine alte Lehrerin bei einem Golfturnier wieder. Miss McCullough half bei dem Golfturnier in Nordirland am Platz als Marshall aus, bei dem ihr einstiger Schüler der Zuschauermagnet war. Als McIlroy seinen Ball dorthin schlug, wo die Lehrerin stand, schaute er kurz zu ihr auf, lachte und sagte. „Hallo, Miss McCullough, wie geht’s denn so?“
Der Multimillionär und Superstar ist sich in vielerlei Hinsicht treu geblieben. Seine Frau Erica ist Amerikanerin, längst lebt er in Florida auf Jupiter Island – aber an der Heimat Nordirland, seinen alten Freunden, den bekannten Orten hängt er noch immer. Auch deshalb verpatzte er im vergangenen Juli die British Open 2019. Der Auftritt in Royal Portrush, die Möglichkeit zum Heimsieg, das alles führte zu einer Übermotivation, die in einem verpassten Cut endete.
Für die Menschen in Holywoods ist McIlroys Karriere eine phantastische Geschichte: Ein begnadeter kleiner Golfer, für dessen Karriere Eltern Nachtschichten einlegen und doppelte Jobs absolvierten, wird zu einem der größten Verdiener im Golfsport und einem der 50. Topverdiener im Sport des Jahres 2019. Als er 2019 mit gerade einmal 30 Jahren zum zweiten Mal die Tour Championship in Atlanta gewann und den Jackpot von 15 Millionen Dollar abräumte, ist seine Reaktion nüchtern. „Das war bisher eine ganz gute Saison“, sagt er.
Unterschätzt den Geschäftsmann McIlroy nicht
Der Hype um den sportlichen Erfolg des Nordiren, der nun nur der dritte Spieler in der Geschichte des Sports ist, der 100 Wochen oder mehr die Position 1 in der Weltrangliste eingenommen hat, verdrängt den Blick auf die Cleverness des Nordiren, wenn es um seine Position als Geschäftsmann geht. Anders als Tiger Woods hat Rory McIlroy nie versucht, sich gänzlich der Öffentlichkeit zu entziehen. Im Gegenteil: Seine auf Social Media intensiv ausgelebte Beziehung mit Tennisspielerin Caroline Wozniacki sorgte ebenso für reichlich Popularität, wie die bei einer Pressekonferenz aufgekündigte Hochzeit mit der Dänin. Rory McIlroy ist ein Mensch, der kein Problem mit Kontroversen hat und schon deshalb einen festen Platz in den Schlagzielen genießt. Politische Fragen zum Status Nordirlands diskutiert er gerne, kritische Kommentare zu den Regularien und Abläufen der Profi-Touren gibt er immer wieder ab. Nein, Rory McIlroy ist keiner der sich mit seiner Meinung versteckt. Unsympathisch wirkt er dabei nicht, weil die Öffentlichkeit den Eindruck hat, dass sich hier ein Mann treu bleibt. Kritiker aus der Szene bezeichnen ihn zwar oft als einen Mann, der vor Selbstbewusstsein geradezu platze – Fakt aber ist, aus allen Verletzungs-, Form- und Puttkrisen hat sich McIlroy bis dato immer irgendwie erfolgreich befreit.
Rein wirtschaftlich betrachtet ist der Nordire längst eine eigene feste Größe im Golfgeschäft. Mit GolfPass, einem digitalen Abonnementdienst, brachte McIlroy Anfang des Jahre 2019 zusammen mit dem US Sender NBC ein Produkt auf den Markt, über das er seine eigene Vermarktung steuert. Wer für 9,99 Dollar Mitglied wird, bekommt Unterrichtsmaterial von McIlroy und seinen Coaches, Interviews, Schwungsequenzen, empfohlene Produkte. Anderen Plattformen, egal ob im Fernseh-, Online- oder Print-Bereich entzieht sich McIlroy zunehmend.
Und auch sein Management konzentriert er selbst. Die Firma Rory McIlroy Management Services Ltd mit Sitz in Dublin kümmerte sich schon um die Geschäfte des Golfstars, als dieser gerade erst Anfang 20 war. Sein Vater Gerry fungiert als Direktor. Fremdbestimmung durch eine externe Mangementfirma schätzt McIlroy nicht.
Entstanden ist auf diese Weise über die Jahre hinweg nicht nur ein extrem erfolgreicher Sportler, sondern eine Person des öffentlichen Lebens. Wer am Flughafen Belfast das Terminal betritt, geht durch eine Foto-Galerie der bekanntesten irischen Personen. Das Bild des Rory McIlroy kommt gleich zu Beginn. Er ist immer noch sommersprossig, aber die wilden Locken sind zurechtgestutzt. Fest steht: Er kommt ganz gut zurecht, als Sportler und Geschäftsmann.