„Ein Formel 1-Auto muss gegen andere Formel 1-Autos fahren“
Große Pause – und jetzt ist Kreativität gefragt. Die Unterbrechung der Saison auf den Profitouren durch den Corona-Virus bedeutet für Spieler und Coaches ein Novum, auf das sie sich einstellen müssen. Denis Pugh, Coach des British Open-Siegers 2018 Francesco Molinari und des Ryder Cup-Spielers Ross Fisher arbeitet nach der Rückkehr von der Players Championship am Freitag schon an einem Programm für die nächsten Wochen.
Ross Fisher und Francesco Molinari wohnen in London und trainieren im Club The Wisley. Wie sieht Eure Planung für die nächsten Wochen aus?
Denis Pugh: Eine Situation wie diese hat der Golfsport seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt. Wir haben einen Chat, in dem die verschiedenen Coaches und die beiden Spieler versammelt sind, hier haben wir jetzt erst einmal abgefragt, was sich jeder von den nächsten Wochen erwartet. Francesco wird sich verstärkt um die technische Arbeit kümmern, Ross wird so viel wie eben möglich spielen. Beide sind komplett unterschiedlich. Francesco ist generell ein Spieler, der in Trainingsphasen vielleicht einmal in zwei Wochen eine ganze Runde spielt und ansonsten trainiert, während Ross vielleicht eine Stunde am Tag trainiert und vorrangig spielt.
Hört sich nicht so an, als ob einer der beiden eine kleine Urlaubsphase einlegen würde….
Denis Pugh: Kein einziger Spieler auf der Tour wird mehr als eine Woche freinehmen. Die meisten Spieler werden die Chance nützen und viel Fitnesstraining machen, weil sie jetzt keine Angst vor Verletzungen haben müssen. Auch unser Team muss am Ende der turnierfreien Phase auf jeden Fall das Gefühl haben, dass wir hart gearbeitet haben.
Ross Fisher oder Francesco Molinari – wer kann sich schwerer an die Pause gewöhnen?
Denis Pugh: Ross ist ein Spieler für den Platz, für ihn ist es ohne Turniere schwieriger. Wir werden versuchen, Übungsmatches mit anderen Spielern aus London zu vereinbaren, aber egal um wieviel Geld die Jungs dabei wetten, es ist nie wie im Turnier. Ross wird außerdem die Plätze wechseln und zum Beispiel Wentworth, Sunningdale oder The Berkshire spielen – die besten Plätze rund um London eben.
Wie wirkt sich die fehlende Turnierpraxis am Ende aus?
Denis Pugh: Ein Formel 1-Auto muss gegen andere Formel 1-Autos fahren, um die volle Geschwindigkeit zu entwickeln. So ist das auch mit Golfpros. Erfahrungsgemäß verliert ein Spieler vom Tee weg schon ungefähr 20 Yards Länge, wenn er nicht ständig gegen andere Spitzenspieler antritt.
Was kann man dagegen tun?
Denis Pugh: Nicht wahnsinnig viel. Wir messen die Daten permanent mit dem Trackman, aber die Turnieratmosphäre kann man eben nicht duplizieren.
Wie werden die Trainingstage der beiden aussehen?
Denis Pugh: Francesco wird normalerweise zwei Stunden im Gym sein, zwei Stunden auf der Driving Range und zwei Stunden auf dem Puttinggrün. Ross wird eine Stunde auf der Driving Range sein, fünf Stunden auf dem Platz und dann noch einmal eine Stunde auf dem Puttinggrün. Seine Tage sind immer länger.
Wie haben beide auf die unerwartete Unterbrechung reagiert?
Denis Pugh: Für Ross war es eine Enttäuschung. Er war gut in Form, hatte zwei TopTens in den letzten fünf Events. Für Francesco war es eher eine Erleichterung, weil er bei den letzten vier Turnieren drei Cuts verpasst hat. Er hat jetzt Zeit gewonnen, wieder an seinem Spiel zu arbeiten. Spannend zu sehen, wo wir am Ende nach der Pause stehen, die ganze Situation ist völlig ungewohnt.
Interview: Petra Himmel