Beachfeeling und Bubble-Golf lassen Spieler verzweifeln

Das Szenario ist bizarr: Auf der einen Seite Weltklassegolf unter dem sogenannten „Schutzschirm“  – auf der anderen Seite eine Öffentlichkeit, die gerade fröhlich feiernd ihren Sommerurlaub auslebt. Die PGA Tour in Amerika erlebt dieser Tage, was es heißt Corona-Schutzmaßnahmen aufzustellen, an die sich außer Spielern und Offiziellen kaum jemand hält.
Was ist passiert? Mit einem ausgeklügelten Sicherheitssystem, erarbeitet von Medizinern, Tour-Offiziellen und den Vertretern der Profis begann die PGA Tour vor zwei Wochen ihren Spielbetrieb in Texas. Isolierung in Hotels, ausgiebige Tests, Quarantänebestimmungen für einreisende Nicht-Amerikaner wurden beachtet. Das Lob für „Bubble-Golf“ war groß. Dann zog die PGA Tour zum nächsten Stopp nach Hilton Head, South Carolina, einer der aktuellen Hotspots des Corona-Virus. 1157 Neu-Infizierte meldete der Staat allein am Samstag, als man auf dem Platz von Harbour Town beim RBC Heritage die dritte Runde spielte. Die Sache ist nur: Es stört niemand. Es ist Sommersaison in Hilton Head, und jeder fährt hin.

Die Profis verstehen die Welt nicht mehr
„Das ist das totale Chaos hier, überall Menschen“, beklagte sich der Weltranglistendritte Justin Thomas, der als einer der Spielervertreter mühsam den Hygieneplan ausgearbeitet hatte. „Die Strände sind total voll, jedes Restaurant ist – was ich aus dem Auto sehen konnte – bis zum letzten Platz gefüllt.“ Das fröhliche Freizeitbrimborium machte aus den Bemühungen der PGA Tour und der Spieler einen Witz: „Das ist echt eine Schande, weil wir diese ersten zwei Wochen einen wirklich guten Job gemacht haben,“ klagte Thomas.
Der Kollege Nick Watney jedenfalls wurde schon zu Beginn der Hilton Head-Woche als erster Spieler positiv getestet und verbringt die nächsten zwei Wochen in Quarantäne. Nachdem sich Kontakt mit anderen Amerikanern in Hilton Head zum Beispiel in Supermärkten kaum vermeiden ließ, sind weitere Infektionen im Kreis der Journalisten, Offiziellen oder Spieler, die theoretisch unter der Corona-Bubble reisen, so gut wie sicher.

Quarantäne und leere Golfplätze
Bleibt die Frage nach der Sinnhaftigkeit des kompletten Szenarios: Die Anstrengungen der PGA Tour und der Spieler sind lobenswert. Was aber hilft es, wenn direkt außerhalb des Golfplatzes das Leben tobt. Die PGA Championship in San Francisco wird Anfang August – zu Recht – ohne zigtausende Zuschauer gespielt. Martin Kaymer als einer der Ex-Champions weiß heute noch nicht, ob er überhaupt mitmachen wird, weil er nach der Einreise laut den geltenden Regeln 14 Tage in Quarantäne müsste. Wie fühlt sich jemand, der in einem Hotelzimmer sitzt wie Nick Watney in Quarantäne oder Justin Thomas allein auf einem Golfplatz ohne Zuschauer, wenn er auf Fernsehbilder blickt, die Floridas und South Carolinas voll gepackte Strände zeigen? Wahrscheinlich wie im falschen Film.
Eine Lösung der Situation gibt es nicht. Spitzengolf mit Zuschauern funktioniert in Amerika derzeit nicht. Der Sport ist einfach viel zu populär. 135.000 Fans kamen 2019 zur RBC Heritage in Hilton Head. Zum Vergleich: Selbst zu Donald Trumps erster Wahlkampfveranstaltung in Tusla/Oklahoma erschienen nur knapp 6200 Besucher. Es wird also vorerst beim „Bubble-Golf“ bleiben. Die gute Nachricht dieser Woche für die Travelers Championship lautet:  Hartford/Connecticut ist zumindest kein Urlaubsgebiet. Die feucht-fröhliche Beachatmosphäre also bleibt den Spielern erspart.