Golfmärkte verzeichnen zum Teil deutlichen Aufschwung
Ein Telefonat am Montag mit London. Der Kollege am anderen Ende der Leitung ist begeistert: „Die Plätze sind voll, es sieht ganz so aus, als könnten wir einen Teil der Leute, die Golf in den letzten Jahren verloren hat, jetzt zurückgewinnen.“ Am gleichen Tag berichtet das Branchenblatt thegolfbusiness.co.uk von einem regelrechten Run auf englische Golfanlagen: „Einige Clubmanager in England sprechen von einer ansteigenden Nachfrage nach Mitgliedschaften nach zwei Monaten des Lockdowns.“
Ähnlich sind die Meldungen aus den USA. „Überall im Land sind die Amerikaner hin- und hergerissen, ob sie ihr Haus für die Arbeit und Freizeitaktivitäten verlassen sollen – die einzige Ausnahme ist offensichtlich der Golfsport, der eigentlich unter abnehmender Popularität litt“, berichtet die Washington Post. „Unsere Rundenzahlen gehen durch die Decke“, erklärt David Pillsbury, Chief Executive von ClubCorp., Betreiber von immerhin 173 privaten Clubs der USA. „Wir liegen 25 bis 30 Prozent über dem Vorjahr. Unsere Mitglieder nützen den Club mehr denn je zuvor.“ Eine Aussage, die auch die National Golf Foundation mit neuen Daten aus verschiedenen Kernmärkten Amerikas untermauert, die eine Zunahme an Golfrunden melden.
Und in Deutschland? Die Antwort auf die Frage fällt schwer, weil weder vom Deutschen Golf Verband, noch vom Golf Management Verband Deutschland (GMVD) oder dem Bundesverband Golfanlagen (BVGA) belastbare Daten zu Rundenzahlen oder ökonomischen Folgen des Lockdowns vorliegen. Der BVGA hat zwar eine Umfrage zu Kosten und Erlösen bei seinen rund 180 Mitgliedern gemacht, wird diese aber erst im Herbst veröffentlichen. Was im Moment bleibt, ist also eine Art subjektives Stimmungsbild.
„Wir haben mehr Kurse als je zuvor“, lautet die Bilanz von Hermann Bögle, Geschäftsführer bei Golf City, Betreiber von zwei Anlagen, in Pulheim bei Köln und Puchheim bei München. „Die Nachfragen nach der Öffnung gingen sofort von 0 auf 100, sowohl bei Mitgliedschaften als auch bei Platzreifekursen.“ Bei genauer Nachfrage stellt man allerdings auch fest: Organisatorisch hat man bei Golf City, auf Golfeinsteiger spezialisiert, schnell und flexibel auf neue Anforderungen reagiert. Die Platzreifekurse sind kleiner, dauern dafür kürzer. Turnierformen wurden angepasst. „Großes Programm im Clubhaus geht jetzt natürlich nicht“, erklärt Bögle, aber auch die gestiegene Nachfrage nach Mitgliedschaften zeigt ihm: „Wir sind der Sport der Zeit, weil die Leute Outdoor-Aktivitäten suchen.“
Generell, so Thomas Hasak als Geschäftsführer des BVGA, seien Platzreifekurse jetzt für viele Anlagen ein Punkt, auf den man sich konzentriert: „Das kommt super an. Man muss ja klar sagen, dass all‘ die Menschen, die sonst eine Kreuzfahrt oder eine Auslandsreise gebucht hätten, jetzt Budget haben. Zahlreiche Clubs tun sich bereits mit örtlichen Hotels zusammen und bieten jetzt Wochenendpauschalen an. Da sind einzelne Anlagen wirklich sehr kreativ.“
„Es gibt wohl eine erhöhte Nachfrage nach Mitgliedschaften“, bilanziert auch Andreas Dorsch als Geschäftsführer des Golf Management Verbandes die ersten Saisonwochen. Die Plätze seien meist gut gefüllt, trotzdem „ist es an vielen Ecken holprig und schwierig. Zum Teil kann der budgetierte Haushalt nicht eingehalten werden.“
Die Entscheidung über den Ausgang des Jahres 2020 fällt, da ist man sich einig, jetzt, in den Sommermonaten. Die wesentliche Frage ist: „Gelingt es den Clubs, bei den Mitgliedschaften so viel aufzuholen, dass die jährlichen Abgänge am Ende ausgeglichen werden“, erklärt Hasak, der auch zugesteht, dass es ja schon vor der Corona-Krise die eine oder andere Anlage gegeben habe, die wirtschaftliche Probleme hatte.
Hermann Bögle bei GolfCity jedenfalls sieht die Lage gelassen. „Beim Golf hat man nicht zu viel Kontakt, man muss in keine Halle, man kann sich bewegen.“ Beste Voraussetzungen also für eine gelungene Werbekampagne …und für steigende Einkommen.