Sieben Millionen Preisgeld bei der BMW PGA Championship – für ein Mittelklasse-Feld

“Wir kommen da schon irgendwie durch“ – die Durchhalteparole von Paul McGinley, Mitglied im Board of Directors der European Tour, wird man diese Woche noch öfter hören. Alles ist anders bei der BMW PGA Championship, die am Donnerstag als das Top-Event der European Tour in London beginnt.
Im Clubhaus von Wentworth, so etwas wie der Inbegriff britischer Golf-Clubhaus Noblesse, hat jetzt eine Dame namens Woraphanit Ruayrungruang das Sagen. Die Tochter von Chanchai Ruayrungruang, in London allgemein bekannt als Yan Bin, sorgt ab und an für hochgezogene Augenbrauen zur Lunchtime, wenn sie wieder einmal in der Jogginghose durch die Restaurants und Meetingräume des burgähnlichen Clubhauses läuft. Die 29jährige gibt den Ton an, seitdem ihr Vater, der mit der Vermarktung von Red Bull in China reich wurde, 2014 die Anlage für angeblich 130 Millionen Pfund kaufte. Seitdem hat Wentworth als Club von Londons Superreichen, in dem man mit einer Aufnahmegebühr von 150.000 Pfund und jährlichen Gebühren von 10.000 Pfund Mitglied wird, eine thai-chinesische Attitüde statt das eher angestaubte britische Image zu pflegen.

Unter normalen Umständen fällt das bei der BMW PGA Championship niemand so wirklich auf, weil während der Turniertage das Teilnehmerfeld international ist, die VIP-Lounges vollgepackt mit Gästen aus aller Welt sind und Europas Profitour ja ohnehin eher den Glamour-Effekt suchte und die Abkehr vom allzu Traditionellen.

Ein Turnier mit „intuitivem Ansatz“

Aber die BMW PGA Championship 2020 konfrontiert das Turnier, das es seit immerhin 65 Jahren gibt, mit der Tatsache, dass dies schon immer ein Event war, das mit harten Zeiten und vielen Umbrüchen lebte. „Es war immer eine gute Veranstaltung, und wir hatten gute Sponsoren“, hat Ken Schofield, der 29 Jahre lang die Geschicke der European Tour leitete, dieser Tage zu einem Reporter von Golf World gesagt. „Aber leider kann ich nicht sagen, dass wir irgendeine Art von Langzeit-Planung hatten.“ Es sei alles eher „intuitiv“ gewesen, meinte Schofield – und das ist es in diesem Jahr wieder.

Das hochklassige Teilnehmerfeld des Jahres 2019 ist geschrumpft. Von den bekannten Amerikanern hat nur der Weltranglisten-Neunte Patrick Reed die Reise nach London angetreten, vor allem aber fehlt ein Großteil der besten Europäer. Sergio Garcia, am Sonntag auf der US PGA Tour siegreich, blieb ebenso in den USA wie Rory McIlroy, Jon Rahm, Paul Casey oder Henrik Stenson.

Tommy Fleetwood, Tyrrell Hatton, Shane Lowry, Justin Rose, Lee Westwood, Danny Willett oder Bernd Wiesberger – das sind die wenigen Top-Namen aus den Top 50 der Welt, die ab Donnerstag um den Titel spielen werden. Der positive Neben-Aspekt: Selten zuvor hatten Spieler aus den hinteren Reihen der European Tour so leicht die Möglichkeit an sieben Millionen Dollar Preisgeld zu kommen. Ob die Hauptgeldgeber wie BMW als Titelsponsor oder Rolex als Namensgeber der Rolex Series das auch so toll finden, ist die andere Frage. In diesem Jahr, das steht schon jetzt fest, liefert Europas Flaggschiffturnier auf keinen Fall den passenden Gegenwert für ihr finanzielles Engagement.

„Die Frage ist, wie sanft die Landung danach ist?“, kommentiert McGinley die aktuelle Fragestellung, die im Moment die Branche bewegt. Wenden sich große Sponsoren 2021 weiter ab von der European Tour oder drücken sie noch einmal die Augen zu? Noch sind die Planungen für Europas Profigolf 2021 gänzlich ungewiss. Und das, obwohl die Saison 2021 eigentlich vor der Tür steht.